Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe stets auf morgen – so scheint es zumindest ein großer Teil Deutschlands zu sehen. Aufschieben, oder auch Prokrastination, ist laut mehreren Umfragen im letzten Jahrzehnt als deutsche Volkskrankheit genannt worden. In zwei Umfragen von 2011 und 2017 schieben über 20 Prozent der Befragten mindestens eine wichtige Tätigkeit auf, wobei es in der ersten Umfrage um die Frage der eigenen schlechtesten Angewohnheit ging und in der zweiten gezielt um Prokrastination.
Am 6. September ist der „Kämpfe-gegen-die-Prokrastination-Tag“ der von der Initiative 7 Jahre länger ins Leben gerufen wurde, die darauf hinweisen will, dass wir Menschen länger leben als wir denken, und wie wir mehr aus unserer Zeit machen können. In ihrer Umfrage aus dem Jahr 2017 geht heraus, dass ein Drittel der 1.004 befragten Personen mit drei oder mehr Vorhaben in Verzug ist.
Aber was schieben wir denn auf?
42 Prozent der Befragten schieben es auf mehr Sport zu treiben – und das kennen wir doch alle, oder? Wenn es um gute Vorsätze für das neue Jahr geht, ist mehr Sport immer ganz vorne mit dabei, wird aber von den wenigsten auch wirklich durchgezogen. Auch Pflege sozialer Kontakte und mehr Ordnung sind Vorhaben die zwei Drittel aufschieben.
Die Initiative sagt, dass das Verhalten in der mittleren Lebensphase, also nach dem Studium, oder der Ausbildung, entscheidend dafür, wie gesund oder finanziell abgesichert wir später sein werden.
Das Problem ist etabliert, aber was kann man dagegen tun?
Daniel Hoch, der Autor des Buchs „Aufschieberitis. Volkskrankheit Nr.1“ gibt ein paar Tipps, die eigentlich jeder befolgen kann:
Falls Du Probleme mit dem Aufschieben hast, versuch doch Mitstreiter zu animieren Lerngruppen zu machen, oder mit denen du Sport machen kannst, zusammen hat man mehr Motivation und es macht gleich mehr Spaß. Wenn das nicht möglich ist, kannst Du auch größere Aufgaben in kleinere Abschnitte zu gliedern, damit es nicht so viel auf einmal ist.
Was auch vielen hilft ist anderen von seinen Plänen zu erzählen, meistens erinnern dich die Leute dann daran, oder es gibt einen sozialen Druck, der durchaus motivierende Wirkung haben kann.
Aufschieben: Gesund und ungesund zu gleich
Aufschieben ist etwas äußerst Menschliches, kann aber auch krankhafte Züge haben, oder auch Indizien auf eine mentale Krankheit sein. Gelegentliches Aufschieben zu bestimmten Zeiten, wie Prüfungen, oder einzelnen Tätigkeiten, die wir nicht gerne machen, ist eigentlich nicht problematisch. Das kann auch leicht mit einer so genannten Prioritäten-Setzung verwechselt werden, bei welcher wir eine Tätigkeit einer anderen vorziehen. Aber wenn wir zu viel prokrastinieren, könnte man definitiv in Erwägung ziehen, dass es mentale Hintergründe hat.
Ein paar Beispiele
Ein Beispiel einer Krankheit die Prokrastination als Symptom hat, ist Prüfungsangst. Prüfungsangst ist weit verbreitet und verbreitet sich über die Jahre auch immer weiter. Hier gilt es übrigens in beide Richtungen – Prüfungsangst kann Ursache von Prokrastination sein, aber auch ihre Folge. Es gibt sogar Fälle bei denen beides vorkommen kann, die in einem Teufelskreis enden. Die Angst Prüfungen nicht zu bestehen, wirkt sich, wie viele von uns wissen, auf unsere Motivation zur Prüfungsvorbereitung aus. Es kann also als Fluchtverhalten gesehen werden, das kurzfristig die Psyche entlastet, aber sich langfristig oft als problematisch herausstellen kann. Hier gilt auch schon der Teufelskreis, da durch das Aufschieben nur noch mehr Panik vor der Prüfung entsteht.
Auch Menschen mit Sozialphobie leiden sehr stark unter Prokrastination. Hier gilt unter anderem auch die Versagensangst oder Unfähigkeitserleben in Situationen wie Diskussionen, egal ob diese in der Schule, der Arbeit, oder in sozialen Kreisen stattfinden. Sozialphobiker erleben oft auch eine gewisse Leistungsanforderung unter Freunden, selbst wenn diese nur in der eigenen Selbstwahrnehmung, beziehungsweise Selbstunsicherheit existieren, versucht man sie doch zu vermeiden, indem man soziale Interaktionen aufschiebt.
Perfektionismus ist ebenfalls ein gutes Beispiel, da es die ersten zwei Beispiele oft miteinander verbindet. Vor allem Perfektionismus in Kombination mit einer Angststörung sieht oft Prokrastination als Symptom der Krankheit. Die Angst seinen eigenen Ansprüchen nicht zu genügen und damit verbundene Versagensbefürchtungen sorgt oft dafür, dass Tätigkeiten bis zur Deadline (teilweise auch darüber hinaus) aufgeschoben werden, oder schlichtweg nicht getan werden. Das sorgt dafür, dass die Angst zurückgeht, aber im Gegenzug auch dafür, dass Aufschieben als Verhaltensmuster verstärkt wird und mit Sicherheit auch zukünftig zum Problem wird.
Die meisten Menschen haben in ihrem Leben schon einmal etwas aufgeschoben und als jemand, der unter den drei genannten Krankheiten in Kombination leidet, beschäftige ich mich oft und viel mit dem Thema, nicht zuletzt während ich etwas aufschiebe. Durch Therapie und Sachbücher versuche ich dieser passiven Tätigkeit entgegenzuwirken und versuche diese Volkskrankheit zu besiegen.
Wenn Du auch öfter etwas aufschiebst sind hier 7 Tipps gegen das Aufschieben.