Wir sind laut. Wir brauchen viel Platz. Wir gehen oftmals nicht gut mit den anderen Lebewesen auf der Erde um. Wir verschmutzen unseren eigenen Lebensraum. Wir sind Menschen. Wir sind die Krone der Schöpfung. Doch was wäre, wenn dem allem nicht so ist? Was wäre, wenn wir einfach nur ein Zufall sind? Ein Ausrutscher der Evolution?
Eigentlich sind wir nur eine ganz kleine Weile auf der Erde. Wir sind sozusagen noch Frischlinge. Noch Gäste oder Lehrlinge, die ihren Abschluss noch machen müssen. Trotzdem benehmen wir uns oft wie die Herren der Welt – oder wie kleine Kinder, die aus Unwissenheit und Wut alles kaputt machen. War das der große Plan? War das vom Anfang an schon das Ziel? Von Gott oder der Natur oder sonst wem?
Der Mensch als höchstes
Lange wurden diese Fragen auf jeden Fall mit einem klaren „Ja“ beantwortet. Jahrhundertelang predigte beispielsweise die christliche Kirche in Europa, dass der Mensch nach Gottesebenbild erschaffen wurde und damit das Höchste in der Schöpfung darstellen. Auch später ging die Evolutionsbiologie davon aus, dass der Mensch unweigerlich aus dem Evolutionärenprozess heraus entstehen musste. Alle Schritte davor – also vom Einzeller über den Dinosaurier bis zum ersten Säugetier – waren notwendige Schritte, damit der Mensch, so wie er ist, entstehen konnte.
Die Evolution
Unter Evolution wird dabei die allmähliche Veränderung von vererbbaren Merkmalen einer Population von Lebewesen oder anderen organischen Strukturen, darunter fallen beispielsweise Viren, bezeichnet. Diese Veränderung erfolgt aber nur in kleinen Schritten und zwar von Generation zu Generation. Wichtige Faktoren der Evolution sind dabei die Mutation, Rekombination und Selektion. Und genau bei diesem Prozess soll es kein Zufall gewesen sein, dass sich der Mensch zu dem entwickelt hat, was er heute ist. Durch Selektion bewies er beispielsweise, dass er sich gegenüber anderen Mitgliedern der Gattung Homo durchsetzen konnte, weil er beispielsweise klüger im Gebrauch von Werkzeugen war als andere Gattungsmitglieder. Doch ist dem so wirklich so?
Oder doch alles nur Zufall?
Einige Forscher sind da ganz anderer Meinung. So schrieb beispielsweise der Evolutionsbiologe Stephen Jay Gould in seinen Essays vehement gegen die Auffassung, dass die Evolution auf die Produktion des Menschen hinausläuft. Er spricht sich dagegen aus, dass die Evolution ein fortschreitender, deterministischer Prozess sein, in welchen es keine Abweichungen gäbe und die, wenn man sie von vorne beginne, dasselbe Ergebnis bringen würde. Stattdessen spielt für ihn der Zufall eine entscheidende Rolle in der Evolution. Und gerade deshalb ist für ihn auch der Mensch ein Zufallsprodukt. Er kritisiert die Annahme, dass sämtliche Eigenschaften von Organismen als Anpassung zu deuten seien und damit werden all unsere wunderbaren Eigenschaften zu nichts besonderem mehr.
Das scheint bei näherer Betrachtung gar nicht so abwegig zu sein. Denn (vor allem wenn wir die Religion aus dem Spiel lassen) warum war es notwendig, dass die Dinosaurier sterben mussten? Ihr Ausstreben hat natürlich mehrere Faktoren, aber trotzdem scheint kein großer Plan dahinter zu stehen und wenn es sie noch gäbe, wer weiß, ob der Mensch sich dann überhaupt entwickeln könnte. Ebenso sieht es mit unserer scheinbaren Überlegenheit in unserer Gattung „Homo“ aus. War es nicht purer Zufall, dass er uns in einem gemäßigten Klima entwickeln konnten, wo wir nicht die Kälte des Winters zu spüren bekamen, wie es beispielsweise für die Neandertaler der Fall war? Und ist es nicht auch ein Zufall, dass wir uns unserer Dummheit nicht durch Kriege schon selbst ausgelöscht haben?
Und die Moral für die Geschicht‘?
Am Ende wird deutlich: Der Natur liegt nichts an der Erhaltung des Menschen, denn sie hat ihn weder willentlich erschaffen noch ihn willentlich am Leben erhalten. Auch sind wir nicht das Endprodukt der Natur, denn die Evolution geht weiter und es wird immer eine Weiterentwicklung geben. Vielleicht fühlen wir uns jetzt ein bisschen gekränkt, denn schließlich sind wir nicht mehr das Beste auf dieser Welt. Vielleicht fühlen wir uns auch ein bisschen allein gelassen, denn es gibt nichts mehr, indem wir unsere Allmachtstellung begründen können. Und vielleicht fühlen wir uns ein bisschen schuldig und fühlen ein bisschen die Last auf unseren Schultern, denn schließlich sägen wir an UNSEREM Ast, denn die Evolution wird, wie schon betont, ohne uns weitergehen. Aber wir können ohne unsere Umwelt nicht mehr weitermachen. Am Ende liegt die Verantwortung bei uns, dass wir als Zufall auch zufällig, weil wir uns darum bemühen, weiterleben können.
Und vielleicht bringt uns dieser Gedanke am Ende von unserer Arroganz ab, denn wir alle, die diesen Text lesen oder nicht lesen, sind ein einzig großer Zufall und wir sollten uns bemühen, dass wir zufällig noch weiter dableiben werden.