Nachrichten bringen uns nur etwas, wenn wir uns auf ihre sachliche Richtigkeit verlassen können. Das Poynter Institute stattet Bürger am heutigen Fact-Checking Day daher mit Kontrollmechanismen aus.
Es ist schon schlimm, wenn eine Journalistenschule wie das Poynter Institute mit verschiedenen Presseorganen eine Kampagne starten muss, um darauf hinzuweisen, wie wichtig Fakten sind. Eigentlich sollte sich das erübrigen, denn die Notwendigkeit einer sachlich richtigen, der Wahrheit verpflichteten Berichterstattung steht beispielsweise im Deutschen Pressekodex in Ziffer 1:
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.
Der Grund wird sogar gleich mitgeliefert:
Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.
Wir sollten uns auf das Fact-Checking anderer verlassen können
Wir sollten uns auf unsere Medien und deren Fact-Checking verlassen können. Doch das können wir nicht mehr. Schon allein der Ruf der “Lügenpresse” und die schiere Masse an Informationsquellen verwirrt.
Meine Schülerin Hanna Ilg (17) sagt beispielsweise, dass es wichtig sei, immer mehrere Quellen vergleichend zu lesen, aber “wenn sie sich widersprechen, weiß man nicht, wem man glauben soll.” Zugleich tritt für andere das Problem auf, dass sie aus der informationellen Seifenblase ihrer Peergroup nicht mehr herauskommen. Hannas Klassenkamerad Jonathan Fritz (18) hat beobachtet: “Wer erst einmal anfängt, sich bei Medien wie Breitbart zu informieren, kommt aus diesem Dunstkreis nur schwer wieder raus.”
Der Fact-Checking Day ist also für alle vier betroffenen Gruppen: die Journalisten, damit sie ihre Glaubwürdigkeit unterstreichen oder zurückgewinnen können; die Leser, welche wieder vertrauen können wollen; die Leser, welche hinterfragen wollen, ob sie nicht in der falschen Seifenblase gefangen sind; und schließlich die Leser, welche es selbst genauer wissen wollen.
Für alle vier steht im Zentrum des Fact-Checking Days eine Reihe von Kontrollmechanismen, mit welchem man Nachrichten selbst überprüfen kann (oder Lehrer ihren Schülern beibringen können, wie das geht). Zu dem Ganzen wird sogar ein Quiz mitgeliefert: Erkennst Du die Fake News?
Fake News, Nachrichtenermüdung und der Fact-Checking Day
Fake News hin oder her. Der Spiegel stelle nicht ohne Grund vor einigen Wochen die Frage, ob wir angesichts all der Mitteilungen über Donald Trumps Regierungsstil nicht nachrichtenmüde werden und lieber einfach wegsehen. Die Ödnis der Alltagspolitik und das bürokratisch-juristische Gezerre in der EU machen das nicht besser.
Die erste Frage, die ich mir dazu stelle, ist, ob Ihr darüber überhaupt noch etwas hören wollt. Wenn ich beobachte, wie wenig sich meine eigene Peergroup mit dem politischen Geschehen befasst und wie wenig sich meine Schüler interessieren, scheint mir, dass das nicht der Fall ist.
Die zweite Frage lautet aber: Will ich das? In letzter Zeit habe auch ich (über den sich manch einer aus der Peergroup über die vielen politischen Posts auf Facebook & Co. beschwert) das nämlich ein wenig gemacht – also nicht mitverfolgt, was in der Politik geschieht. Das ist ganz schön entspannend. Da muss ich Euch schon recht geben. Man lenkt sich lieber mit schönen Bildern, Büchern oder Bieren ab.
Aber genau an dieser Stelle warnt der Spiegel zurecht, dass unsere Demokratie in Gefahr gerät, wenn wir aufhören, das politische Geschehen mitzuverfolgen. Und wenn wir aufhören, die Aussagen unserer Politiker und derjenigen anderer Staaten zu hinterfragen. Von Konzernen wie etwa Monsanto mal ganz zu schweigen, wie die Süddeutsche Zeitung heute zeigt.
Bei aller angenehmen Bequemlichkeit: Durch Wegsehen wir die Welt nicht besser – eher im Gegenteil. Man müsste, man muss etwas tun. Die gute Nachricht schließlich ist aber: Meist reicht das Hinsehen schon, denn wer sich beobachtet fühlt, kommt weniger in Versuchung, seine Macht auszunutzen.
Auch daran gemahnt der Fact-Checking Day. Der liegt nämlich nicht ohne Grund auf dem 2. April: Mit dem April-April-Spielchen der Oberen, der Populisten und der Extremen in ihren Seifenblasen muss jetzt nämlich Schluss sein.
Verwendetes Bild: © 2017 Poynter.
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