Viele große Magazine und Buchverlage leiden unter der momentanen Pandemie, trotz der gestiegenen Nachfrage nach Informationen. Aber es wird nur von großen Verlagen gesprochen, deshalb habe ich mich mit zwei Kleinverlagen unterhalten, um herauszufinden wie sich die Lage bei ihnen verändert hat und wie sie die Krise überstehen.
Da Kleinverlage sich durch ihre Individualität von großen Verlagen abheben, wollte ich zwei verschiedene Meinungen zur aktuellen Situation einholen und habe Alea Libris und den Chaospony Verlag kontaktiert. Michaela Harich, die Gründerin und Verlegerin von Alea Libris, beschreibt ihren Verlag als experimentierfreudig – hier arbeitet das gesamte Team auf Augenhöhe. „Dabei ist uns wichtig, dass besonders Manuskripte, die sich außerhalb des Mainstreams bewegen, ihre verdiente Chance zu geben“. Der Chaospony Verlag ist dagegen mehr auf absurd, heitere Fantasygeschichten „eingeschossen“, wie Sandra Jakob, eine Illustratorin und Coverdesignerin, passend sagt. Fantasy ist hier mit High, Low, Urban, Dark und Dystopien breit aufgestellt und auch schräge Anthologien finden ihr Zuhause.
Ein wichtiger Unterschied zu großen Verlagen ist, dass Kleinverlage im Normalfall kein Brotjob, also die Haupteinnahmequelle der Mitarbeitenden, sind. Alea Libris und der Chaospony Verlag sind also in einer ähnlichen Situation: sie haben ohnehin schon von zu Hause gearbeitet, also hat sich durch die Pandemie diesbezüglich nichts verändert. Wobei Sandra auch die Situation mit Kindern im Homeoffice anspricht: „Die Kinder waren länger als geplant zu Hause und durch Betreuung, Homeschooling und Co. Läuft nicht immer alles wie am Schnürchen“.
Durch Corona sind nicht wirklich mehr Menschen aufs Buch gekommen
Während des Lockdowns mit Kurzarbeit und ungewollten Ferien haben sich viele Menschen neue Hobbies gesucht; haben die Verlage mehr Manuskripte erhalten als normal? „Nein, nicht wirklich – nur merkwürdige“, sagt Michaela. Es ist auch wichtig zu sagen, dass der Chaospony Verlag im Moment keine Manuskripte annimmt, was natürlich nicht jede*n davon abhält dennoch etwas einzureichen. „Allerdings halten [die Manuskripte] sich im Rahmen und ein Anstieg ist kaum zu bemerken“, erzählt Sandra. Es sind auch nicht wirklich mehr Menschen aufs Buch gekommen. Bei Alea Libris sind die Verkaufszahlen zwar gestiegen, aber nicht so stark, dass eine Verbindung zum Lockdown aufgebaut werden kann. Der Chaospony Verlag hingegen hat keinen Anstieg bemerkt, eher im Gegenteil, da die Zeit für Werbung fehlt und auch wichtige Messen ausgefallen sind, „für uns nicht nur die Chance zum Verkaufen, sondern auch zum wichtigen Netzwerken, Sichtbarsein und Auffallen“.
Online-Messen sind nicht für alle eine Alternative
Und wenn wir schon bei Messen sind, die sind natürlich ein wichtiges Thema für Kleinverlage. Dort können sie sich präsentieren und auch Bücher verkaufen. So habe ich selbst bereits kleinere Verlage entdeckt und ich denke, vielen geht es ähnlich. Für Alea Libris sieht es bei diesem Thema gut aus, da der Verlag bereits große Präsenz auf Onlineplatformen hat. Sie sind nicht nur auf Online-Messen vertreten: „Wir streamen auf Twitch sehr aktiv mit Schreibbattles, live-Lektoraten oder Covergestaltung, Lesungen, Gaming und Team-Aktionen“. Auch auf Twitter und Instagram sind sie zu finden. Bisher haben sich Michaela und ihr Team auch noch für die Leipziger Buchmesse angemeldet und freuen sich „vorsichtig“ darauf.
Auch der Chaospony Verlag ist auf Twitter und Instagram zu finden, aber nicht bei Online-Messen. Sandra sagt: „Digitale Messen sind keine Alternative, da wir vom persönlichen Kontakt sehr profitieren. Man sagt Teilen von uns nach, sie seien Rampensäue“. Bisher sind sie für die Verlagsmeile auf der ComicCon Stuttgart, die dieses Jahr nicht stattfindet, angemeldet und würden auch gern zur BuCon, die eine wichtige Rolle für den Verlag spielt. Es ist aber nicht sicher ob man sie bei der Leipziger Buchmesse antreffen wird, sofern sie stattfinden wird.
Corona ist ein langweiliges Thema für Bücher
Ich habe beide auch nach ihrer Meinung über Corona-Bücher gefragt. Hier hatten sie eine ähnliche Ansicht: Sie finden es beide nicht gut. Michaela sagt ganz klar, dass ihr das Thema auf die Nerven geht und Sandra sagt ebenfalls, dass sie ein Manuskript mit dem Thema nicht annehmen würde, da sie es langweilig fände. „Keine Story der Welt könnte den Klopapierkrieg so surreal beschreiben wie die Realität selbst“, sagt sie. Bisher gibt es Bücher über Corona hauptsächlich als Krimis, wie man am Beispiel „Tödliche Quarantäne“ von Alessandro Nonno (2020) sehen kann, dort scheint das Thema also besser zu funktionieren als bei Fantasy Verlagen.
Wie Du siehst ist es definitiv nicht einfach, eine pauschale Aussage darüber zu treffen, wie Kleinverlage in der Pandemie überleben. Beim Chaospony Verlag ist eine Delle sichtbar, die aber auch daher kommt, dass sie allgemein etwas runtergeschaltet haben um vorsichtig zu sein. Bei einem kleinen Team merkt man sofort, wenn jemand ausfällt. Durch das langsamer Fahren, wie Sandra es beschreibt, sind sie dafür sicher auf dem Weg durch die Pandemie.
Alea Libris sieht das anders. Durch ihre große Onlinepräsenz haben sie nicht so viele Nachteile in der Pandemie wie andere Verlage. Nur Verzögerungen bei den Druckereien waren nervig, was auch verständlich ist. Es scheint aber so, dass Kleinverlage es besser schaffen, sich durch eine Krise zu manövrieren, als große Verlage.