Die Kneipe des Esslinger Jugendhauses Komma, das fünfbisneun, schließt nach einem jahreandauernden Nachbarschaftsstreit um Lärmbelastung mit dem EcoInn. Ein Kommentar.
Ich war schon auf sehr vielen Veranstaltungen im Komma, bedeutenden, wie dem EsXSW, und vielen unbedeutenden. Ich habe mitgeholfen zusammen mit den Jungs von Mirror of Deception Konzerte dort zu veranstalten und wirke am kommenden Doom in Bloom III mit.
Das fünfbisneun ist eine im Lorchareal in Esslingen gelegene Kneipe. Gemeinsam mit dem Komma grenzt sie an einen Innenhof, in welchem Stehtische und überdachte Sitzegelegenheiten aufgestellt sind. Als Gaststätte ohne Konsumzwang – sprich als nicht kommerzielle, dem Geldbeutel von Jugendlichen angepasste Einrichtung – ist das Komma seit vielen Jahren ein wichtiger Anlaufpunkt für die Esslinger Jugend. Auf der Rückseite dieses Hofes liegt das EcoInn, ein Hotel, welches sich vor allem an ruhebedürftige Geschäftsleute und Radtouristen richtet.
Streit gibt es nun, weil der Lärm von Gästen im Außenbereich natürlich die Hotelgäste stört – vor allem, wenn diese die Fenster zum Lüften geöffnet haben. Deswegen fordert die Stadt von den Veranstaltungsstätten seit Jahren eine Nachtruhe ab 23:00, die sie allerdings selbst sehr wohlwollend auslegt. Wie viel Lärm die Nachruhe jetzt also gestattet, scheint – wie die Recherche erweist – juristisch schwer zu bemessen, jedoch sicherlich weniger als denjenigen, welchen eine Gruppe sich unterhaltender Jugendlicher produzieren.
Probleme mit dem Ruhezwang im Hof gab es, soweit ich mich erinnere, immer. Während Konzerten (und sicherlich auch den von mir nicht besuchten Disco-Abenden im fünfbisneun) muss man immer mal die Möglichkeit haben, in einen etwas gesprächsfreundlicheren Raum zu treten. Für das Komma erfüllt das fünfbisneun diese Funktion – und für beide natürlich der Außenbereich. Vor allem für Raucher ist es letzteres.
Es ist völlig illusorisch anzunehmen, dass sich, wer sich auch immer nach 23:00 draußen aufhält, absolute Nachtruhe bewahrt. Und mehr Menschen machen eben mehr Lärm.
Nach dem Lärm ein leiser Shit-Storm
Nach einem vom EcoInnn beklagten Shit-Storm berichten nun die Esslinger Zeitung und die Stuttgarter Zeitung über den Fall.
Herauslesen kann man, dass Thomas Puchan, der Betreiber des Hotels, welches ursprünglich einmal ein Jugendhotel war, sein Geschäftskonzept – obwohl er ja wusste, dass sein Haus direkt an das Jugendhausgelände grenzt – auf ein ruhebedürftigeres Publikum umgestellt hat, und nun von seiner Nachbarschaft Anpassungen erwartet. Gleichzeitig reklamiert die Stadt Esslingen für sich, mehrere tausend Euro in Lärmschutzmaßnahmen am Gebäude des Komma/fünfbisneun gesteckt zu haben.
Beide Artikel fassen die Lage im Wesentlichen wie folgt zusammen: Das fünfbisneun gibt nach sieben Jahren des Streits entnervt auf und schließt – signalisiert aber Gesprächsbereitschaft. Die Stadt Esslingen fordert vom EcoInn eigenen Lärmschutzmaßnahmen und versucht die Parteien an einen Tisch zu bringen. Und das EcoInn fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen.
Blaue Augen helfen nicht gegen Lärm
Nun war es ja offensichtlich ziemlich blauäugig von dem Hotelbetreiber, sein funktionierendes Geschäftsmodell eines Jugendhotels in ein neues umzuwandeln, welches sich offensichtlich nicht mit der Lage seines Hotels in unmittelbarer Nachbarschaft einer lärmintensiven Jugendgastronomie vereinen lässt. Dennoch kann er hier wie auch alle anderen Anwohner ein gewisses Maß an Lärmeindämmung erwarten. Die Frage ist nur: Wie bereit ist er, seine Position – und seinen eigenen Lärmschutz – anzupassen?
Der Unterschied zwischen den Artikeln in der Esslinger Zeitung und der Stuttgarter Zeitung besteht darin, dass in Ersterer festgehalten wird, dass das Hotel keine weitere Gesprächsbereitschaft hat. „Nach sieben Jahren unzähliger Bemühungen und Verhandlungen möchte ich jetzt einfach Taten sehen“, wird Hotelmanager Puchan da zitiert. Und weiter heißt es: „Die Betreiber von Komma und vom Fünfbisneun zeigen ihm zufolge ‚zu wenig Selbstkritik’.“
Die tatsächlich seitens des EcoInn mangelnde Selbstkritik wird damit offensichtlich – und in dieser mangelnden Selbstkritik könnte möglicherweise sogar ein wichtiger Grund für das gesamte Debakel liegen.
Wenn es um die gemeinsame Nutzung des öffentlichen Raumes geht, muss jeder Selbstkritik besitzen. Und – soweit ich dort war – waren mir die Bemühungen des Komma/fünfbisneun auch immer ersichtlich. Ich möchte mich also der Forderung der Stadt Esslingen nach Maßnahmen aus der Hand des Hotels anschließen. Dass nämlich dessen wirklich nur teilweise nachvollziehbare Haltung nun eine für die örtliche Jugend so wichtige Einrichtung zerstört zu haben scheint, ist einfach unerträglich.
Verwendetes Bild: © 2013 Killing Age. Das Foto zeigt die Band vor Publikum im Komma in Esslingen am 02.02.2013 und sicherlich nicht bereit um 23:00 leise einzupacken.
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