Der Keller Klub hat am gestrigen Freitag Insolvenz angemeldet. Folgt das Flagschiff in der Stuttgarter Indie-Clubszene dem Sog des Rocker 33?
Ob man das schon über den Flüsterfunk gehört hat, oder ob einen die Nachricht gestern oder heute Morgen von Kessel TV oder der Stuttgarter Zeitung ereilte: Dass der Stuttgarter Keller Klub Insolvenz anmelden musste, kommt für viele als Schock. Ursache sind die verlorenen Investitionen in die Elektro Club-Legende Rocker 33 und ausstehende Steuerschulden.
Zum Insolvenzverwalter wurde Dr. Dietmar Haffa von der renommierten Achener Sozietät Schultze & Braun bestellt. Die Kanzlei mit rund 650 Angestellten ist unter anderem auf Insolvenzverwaltung spezialisiert und hat beispielsweise auch schon die Frankfurter Rundschau gerettet. Und auch für den Keller Klub besteht noch Hoffnung, denn man sei, so die Pressemitteilung der Kanzlei, schon seit einiger Zeit im Gespräch mit Interessenten aus der Stuttgarter Clubszene. „Unser gemeinsames Ziel ist es, den Keller Klub zu erhalten”, wird der Dr. Haffa zitiert.
Wie der Keller Klub in Krängung geriet
Vielleicht sieht es also gar nicht so schlimm aus – doch noch vor drei Jahren sah es wesentlich besser aus. Im September 2012 machten die Clubbetreiber Carlos Coelho und Jean Theodorou noch Schlagzeilen damit, das angeschlagene Rocker 33 zu retten, indem sie in den bundesweit bekannten Club einstiegen.
Das Rocker 33 seinerseits war in Zahlungsschwierigkeiten geraten, nachdem der Umzug von der – wegen Stuttgart 21 geräumten – Heilbronner Str. 7 in das unterdessen auch abgerissene Filmhaus in der Friedrichstr. 23 enorme Probleme aufgeworfen hatte: „Der Umbau der Location wurde aber viel teurer als gedacht“, hatte der damalige Rocker 33-Geschäftsführer Pejo Babic 2012 der Stuttgarter Zeitung erklärt.
Dann hat Coelho, der sich schon in der zweiten Hälfte der 1990er mit der Radio Bar einen Namen gemacht hatte, gemeinsam mit seinem Kompagnon Thodorou rettend eingegriffen und muss nun einen hohen Preis dafür zahlen. Das investierte Geld nämlich floss nicht zurück, weil nach dem Abriss des Filmhauses nicht schnell genug eine neue Location für das Rocker 33 gefunden werden konnte und es 2014 doch endgültig die Pforten schließen musste.
Mindest eines der beiden Lecks, an welchen der Keller Klub jetzt zu sinken droht, steht damit in Zusammenhang mit dem Versuch, anderen zu helfen, die ebenfalls in finanzielle Bedrängnis geraten waren. Angesichts so entstandener Geldknappheit könnten vielleicht auch die unbezahlten Steuern eine Folgeerscheinung sein. Aber das ist Spekulation.
Wie den Keller Klub retten
Immerhin ist nicht aller Nächte Morgen. Das Programm läuft weiter: „Alle Veranstaltungen, Konzerte und Partys finden wie geplant statt. Auch an den Öffnungszeiten ändert sich nichts“, so Dr. Haffa. Das ist möglich, weil die Gehälter der 34 Mitarbeiter bis Ende Oktober durch das Insovenzgeld – eine durch den Arbeitgeber in Form von Rücklagen finanzierte Leistung der Bundesagentur für Arbeit – gesichert sind.
Bis Ende Oktober heißt für die Stuttgarter Clubbetreiber, es ist Zeit genug, dass sich einer bereitfinden kann, in den Keller Klub zu investieren, damit nicht derjenige sinkt, der zuvor versuchte, selbst jemanden zu retten. Und bitte: Nicht auch ihr retten und sinken!
Bis Ende Oktober heißt für die Stuttgarter Clubgänger dagegen, dass es was zu feiern gibt. Nein, damit ist nicht gemeint, dass es weniger traurig als feiernswürdig wäre, wenn der Klub, in welchem viele Konzerte und auch Clubabende wie das “Mixtape” stattfinden, schließen muss. Es gibt was zu feiern im Keller Klub. Egal was. Und möglichst oft. Denn je mehr ihr da trinkt, desto besser die Chancen für ein Überleben des Klubs.
Mit anderen Worten: Wenn das Schiff zu sinken droht, sauft einfach das Meer aus.
Verwendetes Bild: © 2010 Patrick Grossien. Aufgenommen für gig-blog.net auf einem Konzert von Jex Thoth im Keller Klub am 11.11.2010.