Rosa oder blau – was darf es denn sein?

Unsere Autorin steckt zwischen Barbie, Ritterbüchern und pinken Schulranzen fest. Ein Kommentar zum Gendermarketing.

Ich stehe im Spielzeuggeschäft und werde erschlagen von einer Flut von Rittern, Lego-Ninjago-Sets, Prinzessinnenpuppen oder Malbüchern mit Feen. Im Hintergrund höre ich, wie eine Verkäuferin einer Kundin ein Experimentierset für Mädchen verkauft. Was das ist? Mit diesem Set können Mädchen Seifen herstellen – schließlich kann man ihnen nicht zumuten sich mit Technik zu beschäftigen. Ich wende mich ab und gehe weiter durch den Laden. Das Gespräch ist symptomatisch für einen Trend, der seit den 1980ern wieder zunimmt: Das Gendermarketing.

Unter Gendermarketing ist dabei ein Ansatz, unter welchen Produkte beworben werden. In der Theorie des Gendermarketings wird davon ausgegangen, dass Männer und Frauen aus unterschiedlichen Gründen etwas kaufen und deshalb unterschiedlich beworben werden müssen. Beim Gendermarketing werden vor allem stereotype Rollenbilder angesprochen und rezipiert. (Weitere Hintergrundinformationen zum Thema findet ihr im Video unten.)

Was es nicht alles gibt…

Gendermarketing gibt es in allen Bereichen. Sei es das Grillset für die Frau in Pink oder das Duschgel für den Mann – natürlich echt mit Moschusgeruch. Besonders auffällig finde ich das Gendermarketing vor allem für Kinder; passend benannt als Blau-Rosa-Falle. Hier werden Kinder schon vor der Geburt geprägt: Blau für die Jungen und Rosa für die Mädchen. Das beginnt mit dem ersten Schnuller, geht über den Strampler, die Rassel bis hin zum Schulranzen oder dem Lesebuch. Auch bei mir selbst kann ich das beobachten. So habe ich zur Einschulung einen Katzenrucksack mit rosa Applikationen bekommen.

Durch Farben und Themen wird zwischen den Geschlechtern unterschieden. Mädchen sollen sich mit Tieren, Basteln oder Haushalten beschäftigen. Dafür dienen auch Apps, die ihnen beibringen, wie Toiletten richtig gereinigt werden – das ist auch essentiell für das restliche Leben, oder? Jungen wiederrum werden vor allem mit Autos, Rittern, Polizisten und Abenteuern erschlagen. Sie haben dürfen oft eine viel aktivere Rolle einnehmen und bestimmender auftreten.

Die Vereinigung „Goldener Zaunpfahl“ sammelt in ihrem Gruselkabinett Beispiele von Gendermarketing und verleiht einmal im Jahr den „Goldenen Zaunpfahl“ für die schlimmsten Produkte. Wer es sich traut kann hier ein bisschen stöbern gehen, was alles unter Gendermarketing fällt und was sich die Industrie ausdenkt, um uns angeblich zufrieden stellt.

Und was ist jetzt doof daran?

Die Probleme des Gendermarketings liegen auf der Hand: Mit dem Gendermarketing werden Rollenklischees immer und wieder rezipiert und verfestigen sich so in den Köpfen der Menschen. Damit bleibt ein duales Weltbild bestehen: Frauen sind für den Haushalt zuständig. Sie müssen höflich und freundlich sein und sich um die Kinder kümmern. Männer gehen auf die Arbeit und sind damit die Hauptverdiener der Familie. Sie sind stark. Sie weinen nicht. Sie leiten.

Diese Konzepte stehen hinter dem Gendermarketing und sie sind mehr als nur überholt – sie sind schlichtweg niemals richtig gewesen. Es gibt keine Moleküle, die uns befehlen, wie wir uns zu verhalten – allein die Gesellschaft bestimmt unser Bild von uns und welche Aufgaben wir erfüllen können. Mit Rollenklischees werden aber längst veraltete Geschlechterbilder weiter in die Gesellschaft getragen. Damit können sich nicht nur Männer und Frauen nicht frei entwickeln – beim Gendermarketing wird vollkommen vergessen, dass es auch nicht-binäre Personen – also eine Person, die sich weder als Mann noch als Frau fühlt – gibt, die in der Werbung gar nicht mitgemeint sind. Eine ganze Bevölkerungsgruppe wird ausgelassen und ignoriert.

Um es noch schlimmer zu machen: Je früher wir mit Rollenklischees in Berührung kommen, desto weniger schaffen wir es unsere Persönlichkeit zu entfalten. Wir leben das nach, was uns vorgelebt wird. Der gesellschaftliche Fortschritt wird angehalten. Menschen werden unglücklich und in vielen Fällen psychisch krank.

Ein Plädoyer

Damit kommen wir zu meinem Schlussplädoyer: Gendermarketing ist, logisch betrachtet, vollkommener Mist. Wir denken, dass wir uns von Produkten angesprochen fühlen müssen, weil sie vielleicht unseren äußeren Geschlechtsmerkmalen entsprechen. Dabei bestimmt niemand, was wir mögen sollen und warum wir es mögen. Wir können selbst bestimmen, worin unsere Interessen stehen und mit was wir uns beschäftigen. Wir sind frei zu entscheiden, wie wir sein wollen. Deshalb lasst dieses Privileg nicht nur Erwachsenen zu kommen, sondern auch Kindern: Wenn ein Junge gerne mit Puppen spielt, dann soll er das machen. Ebenso kann ein Mädchen sich liebend gerne mit Stromkreisen beschäftigen. Lasst Kinder entdecken, was ihnen gefällt und wie sie sein möchten. Wenn wir uns gegenseitig akzeptieren, dann brauchen wir keine Klischees, die uns sagen, wie wir uns.

Noch nicht genug von Gendermarketing? Hier gibt es ein Video dazu:

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